Der „Ausstieg aus dem Bild“, der für die 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts entscheidend war, führte zu einer Ausdehnung des Bildraumes durch das Licht. Brigitte Kowanz hat einen autonomen österreichischen Beitrag zu dieser internationalen Tendenz geleistet. Sie hat nämlich die beiden Paradigmen des Bildbegriffs: „Farbe ist Licht“ (Van Gogh) und „Licht ist Farbe“ (Moholy-Nagy) nicht nur um das reale elektrische Licht erweitert, sondern an die Seite der Farbe und des Lichtes das Wort gestellt. Ihre Lichtarbeiten sind Farb- und Wortarbeiten. Damit führt sie die sprachanalytische und sprachkritische Tendenz des Wiener Kreises fort, des führenden Beitrags Österreichs zur Philosophie des 20. Jahrhunderts Sie arbeitet mit dem Medium Licht nicht nur als Bildkontinuum, sondern auch als Literatur. Sie benutzt das Licht nicht nur, um das Bild in den Raum zu expandieren, sondern sie benutzt auch Wörter, um den Gedankenraum zu erweitern. Deswegen entwickelt sie durch die Verwendung von Spiegeln wie auch durch poetische
Techniken selbstreferentielle Systeme. Ihre Lichtobjekte und -installationen gehen daher über die reizvolle ästhetische Wirkung hinaus. Ihre konzeptuell-analytische Methodik untersucht die Mechanismen von Codes, wie Sprache und Schrift. Mit deren Dekonstruktion, Multiplikation, Vereinzelung analysiert sie das Sprachspiel als Kultur- bzw. Gesellschaftsspiel. Ihre Neonschriftzeichen spiegeln die Komplexität von Kommunikation. Kowanz gestaltet aber auch dreidimensionale Räume mit Licht, vornehmlich mit weißem, nicht mit farbigem Licht, oder lässt unter Einsatz von Glas und Spiegeln virtuelle Lichträume entstehen. Diese Koppelung von Licht und virtuellen Räumen, von Wort und Bild, haben es ermöglicht, dass Kowanz die Grenzen zwischen real und virtuell, zwischen außen und innen, offen und geschlossen, durchlässig werden lässt. Sie hat durch ihre Arbeiten eine neue Beziehung zwischen Malerei und Architektur, zwischen Licht und Architektur hergestellt.